Bewegung - ein Weg zur inneren Ruhe

Im Yoga verbinden wir Bewegung, Atem und Bewusstsein. Besonders in dynamischen Sequenzen, während dem Üben von Vinyasa Flows oder Karanas entsteht ein Zustand, der gleichermaßen Kraft und Ruhe in uns aktiviert. Obwohl diese Praxis oftmals kraftvoll und aktiv ist, beruhigt sie unser Nervensystem – vor allem durch die Aktivierung des Vagusnervs.

Warum ist das so? Warum aktiviert zum Beispiel die dynamische Yoga-Abfolge, „Tanz der Krieger“ den Vagus Nerv?

Beginnen wir einmal mit unserem Nervensystem, dem autonomen auch vegetativen Nervensystem genannt. Es ist das von unseren beiden Nervensystemen, dass wir nicht willentlich beeinflussen können. Es umfasst:

  • Hirnstamm
  • Hypothalamus mit Amygdala
  • Hypophyse
  • Limbisches System

Dieses vegetative Nervensystem koordiniert:

  • Atmung
  • Herz-Kreislauf Funktion
  • Verdauung
  • Stoffwechsel
  • Fortpflanzung

Dieses Vegetative Nervensystem wiederum hat zwei Anteile:

Sympathikus & Parasympathikus

Es ist unsere Sicherheitszentrale, die ständig über unser Leben wacht. Es bekommt ständig Signale aus dem Herz, der Lunge, dem Bauchraum, der Wirbelsäule und Gelenken.

Vorherrschaft dieser beiden hat der Sympathikus und ist besonders aktiv bei Stress, Anspannung und Gefahr. Der Sympathikus spricht ohne zutun auf jede, auch unbewusste Stresssituation an.

Der Parasympathikus dagegen braucht unsere Aufmerksamkeit und ist verantwortlich für unsere Regeneration und Entspannung.

Zu diesem parasympathischen System gehört der Vagus Nerv, der 10 Hirnnerv. Nicht nur er, auch der Augennerv (n. oculomotorius), der Gesichtsnerv (n. facialis) und der Zungen Rachen Nerv (n. glossopharyngeus) gehören zu diesem System (parasympathischen Fasern).

Der Vagusnerv ist der längste Nerv des parasympathischen Nervensystems – also, jenes Systems, das für Entspannung, Regeneration und emotionale Stabilität zuständig ist. Er wird auch der Vagabund genannt.
Dieser verläuft vom Gehirn über Hals, Herz, Lunge und Zwerchfell bis in die Bauchorgane.
Wenn er aktiv ist, sinken Puls und Blutdruck, die Atmung vertieft sich, und wir fühlen uns sicher, zentriert und präsent.

Warum wirkt Aktivität beruhigend?

Es mag paradox klingen: Wir bewegen uns aktiv, um zur Ruhe zu kommen.
Doch aus Sicht des Nervensystems macht das vollkommen Sinn.

  • Bewegung:
    Fließende Bewegungen mit gleichmäßigem Atemrhythmus wirken beruhigend, wie behutsame Wellen. Diese rhythmische Stimulation des Körpers spricht den Vagusnerv an – ähnlich wie sanftes Wiegen oder Tanzen.
  • Atmung:
    Der Atem ist der direkte Zugang zum Vagusnerv.
    In Flow-Sequenzen wie dem Tanz der Krieger wird jede Bewegung mit einer Ein- oder Ausatmung verbunden. Besonders die verlängerte Ausatmung aktiviert den Vagus Nerv und wirkt damit auf den Parasympathikus.
  • Gleichgewicht:
    In Stehhaltungen werden unsere Gleichgewichtsorgane und Tiefenrezeptoren angesprochen. Diese sensorische Rückmeldung an das Gehirn stärkt die Verbindung zwischen Körperwahrnehmung und innerer Regulation – eine wichtige Grundlage für die Aktivierung des Vagus Nerv.
  • Präsenz:
    Wenn wir in Bewegung sind, aber achtsam bleiben, erlebt unser Körper Aktivität ohne Bedrohung. Das ist der Schlüssel: Bewegung im Zustand von Sicherheit. Der Vagusnerv „lernt“, dass Aktivität nicht gleich Stress bedeutet.

Der Tanz der Krieger – Kraftvoll & beruhigend zugleich

Der Tanz der Krieger verbindet die Kriegerhaltungen zu einer fließenden Abfolge.
Dabei entstehen kraftvolle Übergänge, Erdung und Öffnung, Fokus und Loslassen – eine Dynamik, die Körper und Geist gleichermaßen fordert und harmonisiert.

  • Krieger I – Geerdete Kraft: Aktiviert Standfestigkeit und Atemtiefe.
  • Krieger II – Innere Ausrichtung: Schafft Stabilität und Weite.

Durch die bewusste Verbindung von Bewegung, Atem und Achtsamkeit entsteht ein Zustand, den die Neurowissenschaft als „Flow-Zustand“ bezeichnet – ein Gleichgewicht zwischen Herausforderung und Entspannung, Konzentration und Leichtigkeit. Genau hier arbeitet der Vagusnerv optimal.

Die Kriegerhaltungen stehen im Yoga nicht für Kampf, sondern für bewusste Ausrichtung und innere Stärke.
Wenn wir diesen Tanz praktizieren, lernen wir, Energie zu lenken, statt zu kämpfen, Anspannung zu verwandeln, statt zu unterdrücken.
Jede Ausatmung, jede bewusste Bewegung ist eine Einladung an den Körper:
„Du bist sicher, du darfst loslassen“

Bewegung ist innere Ruhe

Der Tanz der Krieger zeigt, dass Yoga nicht nur in der Stille wirkt, sondern auch in Bewegung.
Fließende Sequenzen fördern die Aktivierung des Vagus Nerv, emotionale Stabilität und körperliche Resilienz – sie bringen uns in Einklang mit dem Rhythmus des Lebens: Einatmen – Ausatmen, Anspannen – Loslassen, Tun – Sein.

Wenn Bewegung mit Achtsamkeit geschieht, wird der Körper selbst zur Meditation.

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